Wlodek Bzowka (1979-2007) – Digitale Impulse
im Werkdialog mit einer Videoinstallation von Charlotte Jaus
Das Forum für Künstlernachlässe zeigte in seiner Frühjahrsausstellung Werke des jung verstorbenen Künstlers Wlodek Bzowka. In Polen 1979 geboren, wuchs Bzowka in Düsseldorf auf und absolvierte von 2000 bis 2005 ein Kunststudium an der HfBK in Hamburg. 2007 kam Wlodek Bzowka bei einem Verkehrsunfall ums Leben. Zu diesem Zeitpunkt befand er sich auf einem DAAD-Stipendienaufenthalt in Tokio.
Das Forum konnte den Nachlass des Künstlers Ende vergangenen Jahres aufnehmen und präsentierte daraus sowohl Bzowkas großformatige Arbeiten auf Leinwand als auch seine dynamisch-poetischen Aquarelle, Zeichnungen und Fotografien. Darin lotet Bzowka die Möglichkeiten und Grenzen der Malerei im digitalen Zeitalter aus. Anregungen fand er u.a. in defekten Grafiken eines Computer-Kriegsspiels, dessen digitaler Bildaufbau gestört war. Diese ‚visuellen Zerfallsprozesse‘ übertrug Bzowka in seinen letzten großen Werkzyklus, der auch in der Ausstellung zu sehen war.
Im künstlerischen Dialog mit diesen Arbeiten zeigte Bzowkas Kommilitonin Charlotte Jaus (*1980) die 5-Kanal-Videoinstallation nippon [reali’ty], deren Aufnahmen ebenfalls in Tokio entstanden. Anhand von Filmsequenzen werden darin Alltagserfahrungen mit Menschen, Architektur und Fortbewegungsmitteln in Tokio portraitiert. Die Installation wurde als Diplom-Arbeit erstmals im Februar 2009 an der HfBK in Hamburg präsentiert.
→ Oktober/November
Gerdt Marian Siewert (1920-92)
Vom Chronisten der Bühnenwelt zum Kritiker der Weltbühne.
Im Werkdialog standen Fotocollagen aus dem Nachlass des Zeitgenossen Gerhard Dancker.
Das Forum für Nachlässe präsentierte in seiner Herbstausstellung Werke aus dem Nachlass von Gerdt Marian Siewert. Er fotografierte in den 1950er Jahren die Bühnenwelt in Ost-Berlin, begann die Malerei im Stil des magischen oder metaphysischen Realismus und fand seinen stärksten Ausdruck, als er die westliche Welt der 1970er und 1980er Jahre satirisch in dem von ihm entwickelten „komplementären Realismus“ kritisierte. Bis zu seinem Wechsel in den Westen lag sein Arbeitsschwerpunkt auf der Dokumentation all dessen, was das Kulturleben der Hauptstadt der ehemaligen DDR mit vielen klangvollen Namen zu bieten hatte: Theater-, Ballett- und Opernbühnen, Sportpaläste und Zirkusarenen waren sein Betätigungsfeld. Mit seinem Gespür für den entscheidenden Moment und seiner technischen Meisterschaft bei begrenzten Mitteln schuf Siewert Zeitzeugnisse mit dichter atmosphärischer Ansprache.
Ganz anders sind seine zeitkritischen Gemälde: Scheinbar harmlose, fast bieder realistische Darstellungen bekommen durch pointierte Titel satirisches Gewicht. Die Umkehrung der Farbwerte, wie im Negativ eines Farbfilms, überführt nicht nur die Fotowirklichkeit in eine surreal anmutende Stimmung, sie schafft im „komplementären Realismus“ auch neue inhaltliche Bedeutung.
Noch eindeutiger und satirisch schärfer sind die Graphiken. Sie zeigen den bei „Spontan“ und „Pardon“ geschulten Karikaturisten. Arbeiten zu einem Thema in verschiedenen Techniken machen deutlich, dass für Siewert der Weg von der Bühnenwelt zur realen bürgerlichen Weltbühne inhaltlich desillusionierend, künstlerisch aber sehr lohnend war.
In den künstlerischen Dialog mit Siewerts Arbeiten werden Fotocollagen des Zeitgenossen Gerhard Dancker (1925-2006) aus dem Bestand des Forums gestellt. Ein Teil dieses künstlerischen Nachlasses wurde ebenfalls 2010 aufgenommen. Obwohl in thematischer Hinsicht verwandt, wirken Danckers Bilder subtiler und dennoch klar in der Aussage. Danckers fragile Kartonskulpturen setzen einen spielerischen Kontrapunkt zur Last der „bleiernen Zeit“, in der beide Künstler wirkten.
Weitere Veranstaltungen und Kooperationsausstellungen:
Abschlussausstellung der Atelierstipendiaten 2010/11:
Philip Gaißer + Magdalena Sadziak
Laufzeit: 11.03.-27.03.11
Die Vergabe erfolgte in Kooperation mit der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius.
Ausstellung bei Latham & Watkins in Hamburg:
Bilder von Pavel Richtr (*1942)
Laufzeit: Januar bis Dezember 2011